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Burda auf digitalem Crashkurs? - EBS Universität

12.11.14

Statement zur Transformation durch Digitalisierung in der Verlagsbranche

Burda-Vorstand Phillip Welte glaubt nicht, dass Verlage im Netz in absehbarer Zeit Geld verdienen können und setzt weiter voll auf Print1. Doch dieser Rückzug auf das alte Kerngeschäft könnte gravierende Folgen haben. Denn es entspricht exakt dem Verhaltensmuster etablierter Unternehmen, dass der Harvard-Professor Clayton Christensen in seinem Modell des „Innovator‘s Dilemma“ beschreibt – und das am Ende zum Scheitern führt.

Das Internet und die Digitalisierung stellen technologische Basisinnovationen dar, auf deren Grundlage sich neue, disruptive Geschäftsmodelle entwickeln können. Diese Entwicklung stürzt gerade eine Branche nach der anderen in einen grundlegenden Transformationsprozess, allen voran die Medienbranche mit ihren leicht zu digitalisierenden Produkten. Vergleicht man die Auflagenentwicklung von Zeitungen und Zeitschriften mit den Seitenaufrufen der entsprechender Onlineangebote, bestätigt sich ein Trend, den fast jeder an den eigenen Nutzungsgewohnheiten ablesen kann: die Menschen ersetzen in zunehmendem Maße Digital gegen Print, egal ob auf dem Weg zur Arbeit über das Smartphone, in der Mittagspause durch den Newsupdate am Bürorechner oder nach Feierabend mit dem Tablet auf dem heimischen Sofa. Für Verlage eine schwierige Situation. Denn Bezahlmodelle für Inhalte stehen im Netz noch am Anfang und auch die Anzeigenkunden mit ihren hochpreisigen Imageanzeigen setzen weiter auf die klassischen Kanäle wie Print und TV. So lassen sich mit gedruckten Zeitungen und Zeitschriften immer noch wesentlich höhere Renditen erwirtschaften als mit entsprechenden Onlineangeboten, trotz rückläufiger Auflagen und Anzeigenbudgets im Print. Orientiert man sich an kurzfristigen Renditezielen, scheint es also logisch, weiter auf Gedrucktes zu setzen. Mit journalistischen Inhalten sind im Netz bisher tatsächlich nur die von Hubert Burda kolportierten „lousy pennies“ zu verdienen.

Folgt man allerdings dem Modell von Clayton Christensen, wäre gerade die Investition in vermeintlich margenschwache Märkte notwendig, um das eigene Kerngeschäft mittelfristig zu schützen. Denn auf diesen neuen Märkten entstehen oft disruptive Angebote, die für das eigene Kerngeschäft gefährlich werden können. Sie entwickeln sich zunächst in einem renditeschwachen Nischenmarkt um dann, wenn der technologische Reifegrad erreicht ist, zum Sprung in den Premiummarkt anzusetzen. Dort können sie dann die gleiche Produktleistung zu wesentlich niedrigeren Preisen anbieten und die etablierten Unternehmen aus dem Markt drängen. Wenn sich Verlage also aus kurzfristiger Renditeorientierung auf das angestammte Printgeschäft zurückziehen, entsteht im digitalen Raum ein Vakuum, das den neuen Wettbewerbern den Markteintritt überhaupt erst ermöglicht.

Springer, Schibsted oder auch die New York Times haben diese Gefahr erkannt und arbeiten mit Hochdruck daran, ihr Geschäftsmodell, die Erstellung und Vermarktung hochwertiger Inhalte an Leser und Werbekunden, in den digitalen Raum zu übertragen. Bei Burda entsteht hingegen fast der Eindruck, dass man darauf hofft, dass das Internet am Kerngeschäft Publishing irgendwie vorüber gehen möge.

1 “Die iPad-Euphorie hat sich überlebt”, Handelsblatt, 06.11.2014, S. 022

Die Autoren

Prof. Dr. Peter Russo ist Gründer und Direktor des „Institut for Transformation in Business and Society“ (INIT) der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden. Sie erreichen ihn unter 0170-9141141.

Nicolas Clasen ist Autor des Buchs „Der digitale Tsunami“ und Gründer der Management-Beratung Digicas mit Sitz in München. Sie erreichen ihn unter 0170-2463761.

Authors: EBS Universität für Wirtschaft und Recht gGmbH, Wiesbaden

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